Herz­druck­mas­sa­ge aktu­ell

Die neu­en euro­päi­schen Leit­li­ni­en zur Wie­der­be­le­bung lie­gen jetzt auf Deutsch vor. Emp­foh­len wer­den dar­in bewähr­te Stan­dards zur Reani­ma­ti­on – aber auch eini­ge Neue­run­gen.

Zu mehr als 100.000 Todes­fäl­len pro Jahr in Deutsch­land kommt es durch plötz­li­chen Herz­tod oder Kreis­lauf­still­stand auf­grund einer ande­ren Ursa­che, berich­tet der Deut­sche Rat für Wie­der­be­le­bung (GRC) in einer Mit­tei­lung.

Es han­de­le sich somit um die dritt­häu­figs­te Todes­ur­sa­che nach bös­ar­ti­gen Neu­erkran­kun­gen und Herz­kreis­lauf­erkran­kun­gen ande­rer Gene­se. “Ein Zustand, der deut­lich ver­bes­sert wer­den könn­te”, so Pro­fes­sor Bernd W. Böt­ti­ger, GRC-Vor­sit­zen­der und Direk­tor der Kli­nik für Anäs­the­sio­lo­gie und Ope­ra­ti­ve Inten­siv­me­di­zin der Uni­ver­si­täts­kli­nik Köln.

Wich­ti­ge Impul­se geben hier die neu­en Leit­li­ni­en zur kar­dio­pul­mo­n­a­len Reani­ma­ti­on des Euro­pean Resus­ci­ta­ti­on Coun­cil (ERC).

Der GRC hat die Emp­feh­lun­gen über­setzt und jetzt ins Inter­net gestellt. “Gemein­sam 10.000 Leben zusätz­lich pro Jahr in Deutsch­land ret­ten!”, hat sich die Orga­ni­sa­ti­on dabei zum Ziel gesetzt.

Es wer­den nur zwei Hän­de benö­tigt

Mit den neu­en Emp­feh­lun­gen set­zen die Exper­ten auf die manu­el­le Reani­ma­ti­on. “Die­se ist min­des­tens genau­so effek­tiv wie mecha­ni­sche Reani­ma­ti­ons­hil­fen”, erläu­tert Böt­ti­ger. In eini­gen Stu­di­en habe sich sogar ein schlech­te­res neu­ro­lo­gi­sches Ergeb­nis bei Ver­wen­dung sol­cher Sys­te­me gefun­den.

Reani­ma­ti­ons­hil­fen führ­ten unver­meid­lich zu einer Unter­bre­chung der Tho­rax­kom­pres­sio­nen, die so kurz wie mög­lich sein müss­ten. In den neu­en Leit­li­ni­en wer­den daher sol­che Gerä­te nur in beson­de­ren Situa­tio­nen emp­foh­len, etwa bei Reani­ma­tio­nen wäh­rend eines Trans­ports, bei sehr lan­ger Reani­ma­ti­on und im Herz­ka­the­ter­la­bor.

Zur Reani­ma­ti­on bei Kreis­lauf­still­stand emp­feh­len die Exper­ten eine Druck­tie­fe von unge­fähr fünf und nicht mehr als sechs Zen­ti­me­ter. Die Fre­quenz soll bei 100 bis 120 pro Minu­te lie­gen. “Pau­sen von über zehn Sekun­den füh­ren zu einer Ver­schlech­te­rung der Pro­gno­se des Pati­en­ten und müs­sen daher ver­mie­den wer­den”, wird Dr. Burk­hard Dirks, Alt­vor­sit­zen­der des GRC, in der Mit­tei­lung zitiert.

Adre­na­lin wird wei­ter­hin emp­foh­len. Exper­ten sol­len eine Intu­ba­ti­on vor­neh­men – wenn mög­lich, ohne dabei die Herz­druck­mas­sa­ge zu unter­bre­chen. Als Alter­na­ti­ven gel­ten supra­glot­ti­sche Atem­wegs­hil­fen.

Die Kapno­gra­phie ist obli­gat. Inner­kli­nisch soll­ten Not­fall­teams eta­bliert wer­den, die bei defi­nier­ten Zustän­den alar­miert wer­den und so einen Kreis­lauf­still­stand ver­hin­dern kön­nen. Mög­li­che rever­si­ble Ursa­chen eines Kreis­lauf­stil­stan­des müs­sen immer mit bedacht wer­den.

Opti­mal: Trans­port in ein Car­diac Arrest Cen­ter

Nach prähos­pi­ta­lem Kreis­lauf­still­stand sind die Über­le­bens­chan­cen höher, wenn die Pati­en­ten – im Ein­zel­fall sogar unter lau­fen­der Reani­ma­ti­on – in spe­zi­el­le Zen­tren (Car­diac Arrest Cen­ter) ein­ge­lie­fert wer­den.

Die­se haben durch eine höhe­re Fall­zahl, mehr Erfah­rung und die Mög­lich­keit zur aku­ten Koro­nar­in­ter­ven­ti­on. Mehr als jeder zwei­te Kreis­lauf­still­stand ist die Fol­ge eines Herz­in­farkts. Wer­den die für den Infarkt ursäch­li­chen Koro­na­ri­en bin­nen maxi­mal zwei Stun­den dila­tiert, ver­bes­sert dies deut­lich die Pro­gno­se.

Die neu­en Leit­li­ni­en ent­hal­ten auch eine Emp­feh­lung für das Tem­pe­ra­tur­ma­nage­ment: Nach Kreis­lauf­still­stand bewusst­lo­se Pati­en­ten sol­len unab­hän­gig vom initia­len Herz­rhyth­mus für min­des­tens 24 Stun­den auf 33 oder 36 Grad gekühlt wer­den.

Fie­ber müs­se eben­so wie Hyper­oxie jedem Fall für 72 Stun­den ver­mie­den wer­den. Eine Pro­gnos­ti­zie­rung erscheint, so die Emp­feh­lun­gen, frü­hes­tens nach 72 Stun­den sinn­voll.

Ruf nach Tele­fon­re­ani­ma­ti­on in Leit­stel­len

Leit­stel­len­dis­po­nen­ten sol­len Lai­en am Not­ruf­te­le­fon in Herz­druck­mas­sa­ge instru­ie­ren. “Das ist extrem effek­tiv – man muss es sie­ben­mal machen, um ein Leben zusätz­lich zu ret­ten!”, erklärt Pro­fes­sor Karl Hein­rich Scholz vom St. Bern­ward-Kran­ken­haus in Hil­des­heim in der Mit­tei­lung.

In Deutsch­land wird die Tele­fon­re­ani­ma­ti­on von immer mehr Leit­stel­len durch­ge­führt, so der stell­ver­tre­ten­de GRC-Vor­sit­zen­de. In Bay­ern ist sie bereits lan­des­weit ver­pflich­tend. Auch intel­li­gen­te Gesamt­sys­te­me, in denen Erst­hel­fer in der Nähe per Smart­phone gleich­zei­tig mit dem Ret­tungs­dienst alar­miert wer­den, kön­nen Vor­tei­le brin­gen.

Die meis­ten Kreis­lauf­still­stän­de pas­sie­ren zu Hau­se. “Nach drei bis fünf Minu­ten fängt das Gehirn an zu ster­ben”, so Scholz. Der Not­arzt trifft aber meist erst nach acht bis zwölf Minu­ten ein. Der sofor­ti­ge Beginn der Reani­ma­ti­on durch Lai­en kann daher ent­schei­dend hel­fen.

Bei Erwach­se­nen rei­chen in den ers­ten Minu­ten allei­ni­ge Tho­rax­kom­pres­sio­nen meist völ­lig aus. Lai­en soll­ten ver­stärkt in Wie­der­be­le­bung aus­ge­bil­det wer­den, so die Emp­feh­lun­gen der neu­en Leit­li­nie. Dazu gehö­ren die Herz­druck­mas­sa­ge und die Beatmung im Ver­hält­nis 30 zu 2. Beson­de­rer Wert wird auf die Aus­bil­dung von Schü­lern gelegt.

Eine Dop­pel­stun­de pro Jahr ab der sieb­ten Klas­se sei aus­rei­chend. Die Schü­ler kön­nen von spe­zi­ell aus­ge­bil­de­ten Leh­rern unter­rich­tet wer­den. Ent­spre­chen­de Emp­feh­lun­gen wer­den von der Kul­tus­mi­nis­ter­kon­fe­renz 2014 und seit die­sem Jahr auch von der WHO unter­stützt. Ein Aus­bil­dungs­kon­zept dazu gibt es vom GRC. (eb/eis)

Neue Leit­li­ni­en: So geht Wie­der­be­le­bung heu­te Die neu­en euro­päi­schen Leit­li­ni­en zur Wie­der­be­le­bung lie­gen jetzt auf Deutsch vor. Emp­foh­len wer­den bewähr­te Stan­dards – aber auch eini­ge Neue­run­gen.

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