Hygie­ni­sche Hän­de­des­in­fek­ti­on

Die hygie­ni­sche Hän­de­des­in­fek­ti­on ist die effek­tivs­te Maß­nah­me zur Ver­hü­tung von Kran­ken­haus­in­fek­tio­nen durch Ver­än­de­rung der mikro­biel­len Besie­de­lung (tran­si­en­te und resi­den­te Haut­flo­ra) an den Hän­den. Die Wir­kung einer hygie­ni­schen Hän­de­des­in­fek­ti­on über­trifft die des sonst übli­chen Hän­de­wa­schens nicht nur im Hin­blick auf die Aus­schal­tung und Redu­zie­rung von Krank­heits­er­re­gern, sie ist dar­über­hin­aus auch haut­scho­nen­der.

Die Hän­de des Per­so­nals gel­ten als Keim­über­trä­ger und bedür­fen daher einer geziel­ten Behand­lung mit einem spe­zi­el­len Mit­tel zur Keim­ab­tö­tung bezie­hungs­wei­se Keim­zahl­ver­min­de­rung. Mitt­ler­wei­le wer­den auch Besu­cher und die Pati­en­ten selbst zu die­ser Maß­nah­me ange­lei­tet. Hygie­ni­sche Hän­de­des­in­fek­ti­on dient sowohl dem Schutz des Pati­en­ten als auch dem eige­nen Schutz.

Tran­si­en­te und resi­den­te Haut­flo­ra

Eine tran­si­en­te (= zeit­wei­li­ge) Haut­flo­ra besteht aus Kei­men, die sich vor­über­ge­hend auf der Haut ansie­deln. Die­se mög­li­cher­wei­se patho­ge­nen Erre­ger kön­nen durch Waschen zum Teil ent­fernt wer­den, die fach­ge­rech­te Anwen­dung eines Hän­de­des­in­fek­ti­ons­mit­tel kann sie dage­gen deak­ti­vie­ren oder sogar abtö­ten.

Dage­gen gehört die resi­den­te Flo­ra (= Stand­ort­flo­ra) zur phy­sio­lo­gi­schen Beschaf­fen­heit der Haut. Mikro­or­ga­nis­men wie der Sta­phy­lo­coc­cus epi­der­mi­dis erhal­ten durch ihre Stoff­wech­sel­pro­duk­te die nor­ma­len Haut­funk­tio­nen und hem­men das Wachs­tum nicht­re­si­den­ter Kei­me. Aller­dings kön­nen Kei­me der resi­den­ten Haut­flo­ra auf nicht intak­ter Haut und im Kör­per­in­ne­ren (durch inva­si­ve Ein­grif­fe ein­ge­bracht) Infek­tio­nen aus­lö­sen. Daher müs­sen sie vor bestimm­ten Tätig­kei­ten durch geeig­ne­te Des­in­fek­ti­ons­ver­fah­ren redu­ziert wer­den

Indi­ka­ti­on

Die seit 2008 bestehen­de natio­na­le Kam­pa­gne AKTION Sau­be­re Hän­de dekla­riert fünf Indi­ka­tio­nen für Hän­de­des­in­fek­ti­on:

  1. vor Pati­en­ten­kon­takt, ins­be­son­de­re vor Kon­takt mit Pati­en­ten, die im beson­de­ren Maße vor Infek­tio­nen geschützt wer­den müs­sen (z. B. Leuk­ämie­pa­ti­en­ten, poly­trau­ma­ti­sier­te Pati­en­ten, Bestrah­lungs- oder Inten­siv­pa­ti­en­ten und sons­ti­ge schwer erkrank­te Pati­en­ten)
  2. vor einer asep­ti­schen Tätig­keit (Ver­band­wech­sel, Kon­takt mit Ein­tritts­stel­len von Kathe­tern oder Drai­na­gen, inva­si­ve Ein­grif­fe wie das Legen eines Venen­ka­the­ters, Bla­sen­ka­the­ters, Durch­füh­rung einer Angio­gra­phie, Bron­cho­sko­pie, Endo­sko­pie des Magen-Darm­trak­tes, Lum­bal­punk­ti­on)
    Die Desin­fek­tion wird auch aus­ge­führt, wenn für die Maß­nah­me (ste­ri­le oder unste­ri­le) Ein­weg-Hand­schu­he getra­gen wer­den.
  3. nach Kon­takt mit poten­ti­ell infek­tiö­sem Mate­ri­al (Blut, Sekre­ten oder Exkre­ten, kon­ta­mi­nier­ten Flä­chen oder Gegen­stän­den wie Beatmungs­zu­be­hör, Steck­be­cken, Arbeits­flä­chen) und nach dem Able­gen von Ein­mal-Hand­schu­hen, da die­se kei­nen 100%igen Schutz bie­ten (Mikro­lä­sio­nen)
  4. nach Pati­en­ten­kon­takt, da von jedem poten­ti­ell Infek­tio­nen aus­ge­hen kön­nen
  5. nach Kon­takt mit der unmit­tel­ba­ren Pati­en­ten­um­ge­bung

Hän­de­des­in­fek­ti­ons­mit­tel

Ein Hän­de­des­in­fek­ti­ons­mit­tel ent­hält als Haupt­wirk­stoff Alko­ho­le (wie Etha­nol, Iso­pro­pa­nol und n‑Propanol), die bak­te­ri­zid, fun­gi­zid und begrenzt viru­zid wir­ken und damit schon einen gro­ßes Spek­trum abde­cken (Wir­kungs­be­rei­che A und B). Durch bestimm­te Zusatz­stof­fe wird das Wir­kungs­spek­trum man­cher Des­in­fek­ti­ons­mit­tel noch erwei­tert.
Da ein rein alko­ho­li­sches Des­in­fek­ti­ons­mit­tel durch sei­ne stark aus­trock­nen­de Wir­kung bei häu­fi­ger Anwen­dung zu Haut­schä­den führt, ent­hal­ten gute Ein­rei­be­prä­pa­ra­te rück­fet­ten­de und haut­pfle­gen­de Zusatz­stof­fe.

Durch­füh­rung der Hän­de­des­in­fek­ti­on

Die Grund­prin­zi­pi­en sind:

  • Die Hän­de müs­sen vor der Desin­fek­tion tro­cken sein
  • Alle Berei­che der Hän­de müs­sen unbe­dingt vom Des­in­fek­ti­ons­mit­tel benetzt wer­den, ins­be­son­de­re Dau­men, Fin­ger­kup­pen und Nagel­falz
  • Des­in­fek­ti­ons­mit­tel muss min­des­tens 30 Sekun­den ein­wir­ken

Anfäng­lich wur­de für die Hän­de­des­in­fek­ti­on eine bestimm­te Rei­hen­fol­ge fest­ge­legt, die Schritt für Schritt genau nach­voll­zo­gen wer­den soll­te. Mitt­ler­wei­le wur­de nach­ge­wie­sen, dass indi­vi­du­el­le Ein­reib­e­me­tho­den zu bes­se­ren Ergeb­nis­sen füh­ren. Inso­fern ist die unten dar­ge­stell­te Rei­hen­fol­ge nur als Emp­feh­lung zu betrach­ten.

Vor­ge­hen: Alko­ho­li­sche Hän­de­des­in­fek­ti­on (ca. 3 ml = 2–3 Hübe aus Wand­spen­dern) in die tro­cke­ne Hohl­hand geben, auf bei­de Hän­de ein­schließ­lich Fin­ger­zwi­schen­räu­me, Fin­ger­kup­pen, Dau­men und Hand­ge­len­ke ver­tei­len, min­des­tens 30 Sekun­den Ein­wirk­zeit ein­hal­ten. Zur Eli­mi­nie­rung bestimm­ter Kei­me muss der Vor­gang län­ger durch­ge­führt wer­den, wie bei­spiels­wei­se bei Noro-Viren min­des­tens 2 Minu­ten (Her­stel­ler­an­ga­ben beach­ten).

  1. Des­in­fek­ti­ons­mit­tel auf die Hand­flä­che geben und ver­rei­ben
  2. Hand­flä­che auf Hand­rü­cken im Wech­sel für bei­de Hän­de
  3. Hand­flä­che auf Hand­flä­che mit ver­schränk­ten, gespreiz­ten Fin­gern
  4. Außen­sei­te der Fin­ger auf gegen­über­lie­gen­de Hand­flä­che mit ver­schränk­ten Fin­gern
  5. krei­sen­des Rei­ben der Dau­men in der geschlos­se­nen Hand­flä­che für bei­de Hän­de
  6. krei­sen­des Rei­ben hin und her mit geschlos­se­nen Fin­ger­kup­pen in der Hohl­hand für bei­de Hän­de.

Wei­te­re Hin­wei­se

  • Des­in­fek­ti­ons­mit­tel nicht auf nas­se Hän­de geben, da dies zu einer Ver­dün­nung des Pro­duk­tes führt und es dadurch nicht mehr die vol­le Wir­kung ent­fal­tet.
  • Eine sicht- oder fühl­ba­re Ver­schmut­zung der Hän­de ist zunächst durch ein in Hän­de­des­in­fek­ti­ons­mit­tel getränk­tes Ein­mal­tuch oder Kom­pres­se oder durch Hän­de­wa­schen zu ent­fer­nen (Was­ser nur lau­warm, Sei­fen­res­te kom­plett abspü­len, Haut sorg­fäl­tig mit Ein­mal­hand­tü­chern trock­nen)
  • Die Min­destein­wirk­zeit von 30 Sekun­den reicht für die Inak­ti­vie­rung eini­ger Erre­ger (z. B. unbe­hüll­te Viren) nicht aus.
  • Spo­ren (bei­spiels­wei­se von Clos­tri­di­um dif­fi­ci­le) wer­den durch Hän­desin­fek­ti­on nicht inak­ti­viert, daher müs­sen die Hän­de anschlie­ßend zusätz­lich gewa­schen wer­den.
  • Bei Kon­ta­mi­na­ti­on mit Hepa­ti­tis B‑Viren sind Hän­de­des­in­fek­ti­ons­mit­tel ein­zu­set­zen, deren Wirk­sam­keit gegen Hepa­ti­tis B‑Viren durch ent­spre­chen­de Gut­ach­ten belegt ist. Da in die­sen Fäl­len die Ein­wirk­zeit und Art der Anwen­dung von den hier gege­be­nen Emp­feh­lun­gen abwei­chen kann, müs­sen unbe­dingt die Anwen­dungs­hin­wei­se der Des­in­fek­ti­ons­mit­tel­her­stel­ler berück­sich­tigt wer­den.
  • Schmuck- und Ehe­rin­ge, Nagel­lack, lan­ge sowie künst­li­che Fin­ger­nä­gel beein­träch­ti­gen die Wir­kung der Hän­de­des­in­fek­ti­on und sind nach TRBA 250 (sie­he unten) und RKI-Richt­li­nie ver­bo­ten. Arm­band­uh­ren und Arm­rei­fe behin­dern die hygie­ni­sche Hän­de­des­in­fek­ti­on, da die Hand­ge­len­ke in die Des­in­fek­ti­ons­maß­nah­me ein­zu­be­zie­hen sind. Sie kön­nen bei der Pfle­ge und Behand­lung von Pati­en­ten zu Ver­let­zun­gen füh­ren; in Arbeits­be­rei­chen mit erhöh­ter Infek­ti­ons­ge­fähr­dung dür­fen gemäß TRBA 250 an Hän­den und Unter­ar­men kei­ne Schmuck­stü­cke, Uhren und Ehe­rin­ge getra­gen wer­den.

Beglei­ten­de Maß­nah­men

Ver­mei­dung von Kon­ta­mi­na­ti­on steht vor Desin­fek­tion, daher sind Schutz­maß­nah­men wie das Tra­gen von Ein­mal­hand­schu­hen bei bestimm­ten Tätig­kei­ten uner­läss­lich. Wei­te­re beglei­ten­de Maß­nah­men zur Infek­ti­ons­pro­phy­la­xe sind Distan­zie­rung (zum Bei­spiel die Non-Touch-Tech­nik beim Ver­band­wech­sel), Haut­schutz und Haut­pfle­ge, Gewähr­leis­tung der Com­pli­ance, Ver­mei­dung von Feh­lern im Umgang mit den Des­in­fek­ti­ons­mit­tel­spen­dern, Berück­sich­ti­gung der recht­li­chen Gesichts­punk­te.

 

Hygie­ni­sche Hän­de­des­in­fek­ti­on – Pfle­ge­Wi­ki

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