Triage in der Notaufnahme – Warum nicht jeder zuerst behandelt wird, der zuerst kommt

Hintergründe, Praxisbeispiele & Lösungen


Einführung

Wer schon einmal stundenlang in einer Notaufnahme warten musste, obwohl andere Patient:innen scheinbar „nach einem“ gekommen und schneller behandelt wurden, hat sich vielleicht gefragt: Warum wird hier nicht der Reihe nach gearbeitet?
Die Antwort lautet: Triage.

Der Begriff stammt ursprünglich aus dem Französischen („trier“ = sortieren, auswählen) und beschreibt das Verfahren, mit dem medizinisches Personal in der Notaufnahme die Dringlichkeit von Behandlungen festlegt. Dabei steht nicht die Reihenfolge der Ankunft, sondern die Schwere der Erkrankung oder Verletzung im Mittelpunkt.

Gerade in Zeiten von Personalmangel und steigender Patientenzahlen ist die Triage ein zentrales Instrument, um Leben zu retten und Ressourcen sinnvoll einzusetzen. Doch das System ist komplex und führt immer wieder zu Missverständnissen und emotionalen Belastungen – sowohl für Patient:innen als auch für das medizinische Personal.


Aktuelle Entwicklung: Warum Triage wichtiger wird

Die Notaufnahmen in Deutschland stehen seit Jahren unter Druck. Laut einer Studie des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) stieg die Zahl der Notfallbehandlungen seit 2010 um über 25 %, während Personal und finanzielle Mittel kaum nachgezogen haben.
Ursachen dafür sind u. a.:

  • Hausärztemangel, besonders in ländlichen Regionen
  • Fehleinschätzung der eigenen Beschwerden durch Patient:innen
  • Zunehmende Ambulantisierung – immer mehr Behandlungen finden außerhalb von Kliniken statt, wodurch Notaufnahmen zusätzliche Fälle übernehmen müssen (mehr dazu)
  • Demografischer Wandel und mehr chronisch Kranke
  • Pflegekräftemangel (mehr dazu hier)

Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, nutzen die meisten Kliniken standardisierte Triage-Systeme wie das Manchester-Triage-System (MTS), das Emergency Severity Index (ESI) oder das Australasian Triage System (ATS).


Wie funktioniert die Triage in der Praxis?

Bei der Triage bewertet eine speziell geschulte Pflegekraft oder Ärztin die Beschwerden, Vitalzeichen und Gesamtsituation der Patient:innen anhand klarer Kriterien.
Das Ergebnis ist eine Einstufung in eine Dringlichkeitskategorie, die die maximale Wartezeit vorgibt.

Beispiel: Manchester-Triage-System (MTS)

KategorieFarbeBedeutungEmpfohlene Behandlungszeit
1RotLebensbedrohlichSofort
2OrangeSehr dringend≤ 10 Minuten
3GelbDringend≤ 30 Minuten
4GrünWeniger dringend≤ 90 Minuten
5BlauNicht dringend≤ 120 Minuten

Eine Patientin mit Herzinfarktverdacht wird also sofort behandelt, während ein Patient mit einer leichten Verstauchung trotz längerer Wartezeit medizinisch sicher warten kann.


Praxisbeispiel: Der Alltag in der Notaufnahme

Ein realitätsnaher Fall:
Ein junger Mann mit Kopfschmerzen meldet sich in der Notaufnahme an. Kurz darauf kommt eine ältere Frau mit Atemnot und Brustschmerzen. Obwohl sie später kommt, wird sie sofort behandelt – Verdacht auf Herzinfarkt (Triage-Stufe Rot).
Der Mann mit Kopfschmerzen muss warten. In dieser Zeit werden Blutdruck, Temperatur und Puls regelmäßig überprüft, um sicherzugehen, dass sich sein Zustand nicht verschlechtert.

Hier zeigt sich die Logik der Triage: Ressourcen werden nach medizinischer Notwendigkeit verteilt – nicht nach Reihenfolge oder Sympathie.


Auswirkungen auf Personal und Patienten

Für Patient:innen:

  • Oft fehlt das Verständnis für die Priorisierung („Ich war doch zuerst da!“).
  • Wartezeiten können Angst und Frustration auslösen.
  • Kommunikation ist entscheidend: Wer weiß, warum er warten muss, bleibt ruhiger.

Für Pflegekräfte & Ärzt:innen:

  • Ständige Belastung durch Zeitdruck und emotionale Konflikte
  • Erhöhte Verantwortung bei Einstufungen: Eine Fehleinschätzung kann schwerwiegende Folgen haben.
  • Durch Personalmangel und Überstunden droht Burnout – ein wachsendes Problem im Gesundheitswesen (weiterlesen).

Das System schützt zwar medizinisch, kann aber menschlich überfordern.


Herausforderungen: Wenn Theorie und Realität aufeinandertreffen

  1. Personalmangel:
    Die Triage erfordert erfahrene Fachkräfte – oft fehlen diese. In vielen Häusern übernehmen überlastete Pflegekräfte die Einschätzung „nebenbei“.
  2. Überfüllung der Notaufnahmen:
    Viele Patient:innen kommen ohne echten Notfall. Hausärzte, Terminservicestellen oder Bereitschaftsdienste werden häufig nicht genutzt.
  3. Emotionale Belastung:
    Es ist schwer, Menschen mit sichtbarem Leid auf den Wartebereich zu verweisen, wenn gleichzeitig lebensbedrohliche Fälle eintreffen.
  4. Kommunikationsdefizite:
    Fehlende Transparenz sorgt für Unverständnis. Patienten wissen selten, dass ein strukturiertes System hinter der „Wartezeit“ steckt.

Lösungsansätze: Mehr Effizienz und Menschlichkeit

1. Aufklärung & Kommunikation

Patient:innen sollten schon bei der Anmeldung verstehen, warum Triage nötig ist. Kurze Info-Videos, Infotafeln oder Broschüren können helfen, Missverständnisse zu vermeiden.

2. Einheitliche Triage-Systeme

In Deutschland nutzen Kliniken unterschiedliche Modelle (MTS, ESI etc.). Eine bundesweite Vereinheitlichung würde Vergleichbarkeit und Qualität sichern.

3. Digitalisierung & eHealth

Digitale Tools könnten die Ersteinschätzung unterstützen, indem sie Symptome automatisiert erfassen und Risiken vorschlagen. Dies spart Zeit und verbessert die Datengenauigkeit.

4. Prävention & Gesundheitskompetenz

Viele Notfälle ließen sich vermeiden, wenn Menschen ihre Beschwerden besser einschätzen oder präventiv handeln würden.
Hier helfen digitale Gesundheitsangebote und Kurse zur Selbstregulation – etwa Qigong, das Körperbewusstsein und Stressresistenz stärkt:
👉 Online-Qigong-Kurs für alle – zur Stressregulation und Entspannung

5. Konfliktmanagement & Teamtraining

Triage bedeutet oft Stress, Konflikte und emotionale Eskalationen. Schulungen können helfen, im Ernstfall ruhig zu bleiben und mit aufgebrachten Angehörigen professionell umzugehen:
👉 Online-Schulung Konfliktmanagement für Unternehmen & Teams

6. Burnout-Prävention

Wer in der Notaufnahme arbeitet, trägt enorme Verantwortung. Regelmäßige Prävention stärkt Resilienz und schützt langfristig vor psychischer Erschöpfung:
👉 Online-Schulung Burnoutprävention für Führungskräfte & Pflegepersonal

7. Ambulante Entlastungssysteme

Die Ambulantisierung des Gesundheitswesens kann Notaufnahmen entlasten – etwa durch integrierte Versorgungszentren oder Telemedizin.
➡️ Mehr dazu: Ambulantisierung im Gesundheitswesen


Fazit

Triage ist kein Ausdruck von Gleichgültigkeit, sondern von medizinischer Verantwortung.
Das System sorgt dafür, dass jene zuerst Hilfe erhalten, deren Leben akut gefährdet ist – auch wenn das Warten schwerfällt.
Die Herausforderungen liegen nicht im Prinzip selbst, sondern in Kommunikation, Personalengpässen und fehlender Aufklärung.

Eine moderne Notaufnahme braucht:

  • Transparenz gegenüber Patient:innen
  • geschulte, resiliente Teams
  • digitale Unterstützung
  • starke Präventionskultur

So kann die Triage nicht nur effizient, sondern auch menschlich bleiben – und das Vertrauen in das Gesundheitssystem stärken.

Teilen mit:

Kommentare sind geschlossen

Jetzt Hochladen

Kostenlos registrieren – für Fachkräfte & Arbeitgeber

Ein Konto. Ein Dashboard. Recruiting & Karriere im Gesundheitswesen einfach steuern.

  • Für Arbeitnehmer:innen Passende Jobs aus Pflege, Rettungsdienst & Therapie – schnell & transparent.
  • Für Arbeitgeber Stellenanzeigen in Minuten veröffentlichen – optimal sichtbar & strukturiert.

Mit der Registrierung stimmst du unseren Datenschutz und AGB zu.